Annegret Gehrmann, Dirk Schumann (Hg.)

Dorfkirchen in der Niederlausitz

Geschichte – Architektur – Denkmalpflege

 

Welches Interesse die Dorfkirchen Mittel- und Ostdeutschlands finden, ist nicht zuletzt an der Buchreihe »Kirchen im ländlichen Raum« ablesbar, die Bernd Janowski und Dirk Schumann seit 2001 im Berliner Lukas Verlag herausbringen. Mittlerweile liegt Band 6 vor (eigentlich Band 5, denn der 2. Band ist nie erschienen), der 21 Beiträge zur Geschichte, vor allem aber zur Architektur und Ausstattung, Archäologie und Denkmalpflege von Dorfkirchen in der Niederlausitz enthält und deshalb aus benach­barter sächsischer Perspektive von besonderem Interesse sein dürfte, weil diese Land­schaft bis zur Reformation kirchlich zum Bistum Meißen gehörte…
Beiträge »zur Geschichte einer Landschaft« – so die Überschrift der ersten Themen­gruppe – sollen drei Aufsätze bieten, von denen im engeren Sinne historisch aber nur die Ausführungen Karlheinz Blaschkes über »Kirchenpatrozinien und Kirchen­organisation in der Niederlausitz« sind, die freilich dadurch auffallen, dass sie die gesamte neuere Forschung zum Niederkirchenwesen komplett ausblenden. Ernst Badstübner skizziert dann »Die Niederlausitz als Kunst- und Kulturland­schaft«, wobei er kontrastiv den Blick vor allem auf die wenigen größeren Stadt- und Klosterkirchen in der Region lenkt. Ein tristes Kapitel stellt »Die Devastierung von Kirchen im Lausitzer Braunkohlengebiet« dar, über die Bernd Janowski handelt. Seit 1962 sind insgesamt 27 Kirchen (mitsamt den Dörfern) abge­baggert worden, und weitere sollen folgen. Der Verlust an heimischen Lebensräumen und historischer Bausubstanz wird schwerlich durch die Translozierung von Kirchen­gebäuden und die Finanzierung umfassender bauarchäologischer Untersuchungen aufgewogen.
Mit »Dorfkirchen der Niederlausitz« ist die zweite Themensequenz überschrieben, in der zunächst Dirk Schumann (»Backstein, Feldstein und Rasenstein«) seine Überlegungen zu ausgewählten ländlichen Kirchenbauten der Niederlausitz vorstellt, die vorwiegend in das 13. Jahrhundert gehören, zum Teil aber auch spätmittelalterliche Ausbauphasen aufweisen. Einzigartig ist eine Inschrift in der Kirche von Frankena, die nicht nur die Turmerhöhung 1480 dokumentiert, sondern auch das Kirchenpatrozinium (St. Pankratius) nennt, denn dieses ist für die meisten Kirchen in der Niederlausitz nicht bekannt. Wie die Ausführungen von Ulrich Waack (»Verstärkte Religiosität oder wirtschaftliche Faktoren«) zeigen, erfolgte in der Niederlausitz die Ablösung der Holzkirchen aus der Siedlungszeit viel­fach erst im 14. oder 15. Jahrhundert. Einzelstudien gelten der Baugeschichte der Dorf­kirche Walddrehna durch Thomas Krause und der (vorwiegend nach-reformatorischen) Geschichte von Kirche und Pfarre Langengrassau durch Annegret Gehrmann.
Ein dritter Themenblock vereinigt Studien zur »Archäologie und Funde an Lausit­zer Dorfkirchen«. Zunächst werden von Markus Agthe Kleinfunde und Fundmün­zen aus Kirchen in der Niederlausitz vorgestellt, denn »Mittelalterliches und neuzeit­liches Fundgut auf Kirchenfußböden« verrät nicht nur etwas über die Kirchgangtracht (verlorene Stecknadeln), sondern auch über die Spendenpraxis (verlorene Münzen). Weitere Beiträge gelten lokalen Einzelfunden, nämlich einem Rauchfass und Reliquiengefäß = Altarsepulcrum aus der Dorfkirche zu Rückersdorf, Landkreis Elbe-Elster (Eberhard Kirsch), den ergrabenen Holzkirchen von Horno und Pritzen (Eberhard Bönisch) sowie einer Eichenbohle mit spätmittelalterlicher Bemalung aus der Kirche von Würdenhain, Landkreis Elbe-Elster (Markus Agthe/Peter Knüvener), die mit Weihekreuz und anderen Bemalungsresten womöglich auf eine spätmittelalterliche Ausbauphase der Holzkirche verweist.
Mit der Kirchenausstattung befassen sich mehrere Beiträge, die unter der Über­schrift »Schätze der bildenden Kunst in Dorfkirchen der Niederlausitz« stehen: Peter Knüvener stellt »Hochmittelalterliche Skulpturen aus Dorfkirchen der Niederlausitz und ihre Rezeption« dar, wobei der qualitätvolle Schrein mit dem hl. Pankratius von ca. 1300 aus der Pfarrkirche Lübben-Steinkirchen, der sich heute im Bode-Museum zu Berlin befindet, erahnen lässt, wie viel an Ausstattungsstücken noch im 19. Jahrhundert nicht nur verkauft, sondern einfach beseitigt wurde. Vor Ort erhalten blieben aber zahlreiche Altarretabel wie beispielsweise der spätgotische Flügelaltar in der Dorfkirche von Lindena, dessen zeitliche Stellung, Ikonografie und Technologie umsichtig von Bernadette Freysoldt behandelt werden.
Hans Burger geht auf die Farbgestaltungen mittelalterlicher Dorfkirchen um Luckau ein, und eines der behandelten Beispiele, die Wandmalereien in der Dorf­kirche von Riedebeck, wird anschließend von Judith Kauffeldt und Hans Burger noch ausführlicher behandelt. In das 17. und 18. Jahrhun­dert führt dann der Beitrag von Werner Ziems über Taufengel in der Niederlausitz.
Unter der schlichten Überschrift »Denkmalpflege« steht die letzte Themengruppe mit Ausführungen von Albrecht Bönisch über »Die Orgellandschaft der Nieder­lausitz« sowie über die Sanierung von Sandsteingrabmalen auf dem Kirch­hof Altgolßen (Mathias Koch) und die Hüllensanierung der Dorfkirche Langengrassau (Achim Munzinger). Eigens hingewiesen sei noch auf den Tafelteil mit farbigen Bildern, Karten und Grundrissen. Leider wird der vielfältige Inhalt nicht durch Register erschlossen. Auch ein Autorenverzeichnis fehlt.
Die Beiträge dieses Bandes zeigen, welche Erkenntnismöglichkeiten moderne bau­geschichtliche und archäologische Untersuchungen von Dorfkirchen bieten. Zumin­dest in Einzelfällen lassen sich auch interessante Aufschlüsse über die Ausstattung und Innenraumgestaltung (Wandmalereien) der Dorfkirche gewinnen. Viele Aspekte sind auch für die Neuzeit relevant, stellt doch die Pfarrei eine Institution von langer Dauer dar. Freilich ist es dafür auch unabdingbar, die Fragestellungen und Methoden der Landes- und Kirchengeschichte einzubeziehen, was im vorliegenden Sammelband leider nur punktuell geschehen ist.
Enno Bünz, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte 83 (2012)

 

Dass auch Dorfkirchen ihre Schätze haben und auf ihre Weise zur Gottesdienstgeschichte beitragen, macht dieses Buch deutlich. Es geht um das Gebiet Niederlausitz, das von seiner Kirchengeschichte und von der Kunst- und Kulturlandschaft her erschlossen wird. Es werden einzelne Kirchen vorgestellt, um anschließend Funde darzulegen, die auf das Leben in den Kirchen schließen lassen: Münzen, Rauchfass und Reliquiengefäß, Bemalungen. Nun werden Schätze der bildenden Kunst vorgestellt: Skulpturen, Altäre, Wandmalereien und Taufengel. Hinsichtlich der Denkmalpflege wird die Orgellandschaft ebenso gewürdigt wie die Grabsteinpflege. Zahlreiche Foto­grafien veranschaulichen das Beschriebene.
In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 2012

 

Die Niederlausitz kann sich bezüglich der Erforschung ihrer Geschichte sowie der Bewahrung entsprechender Zeugnisse außerordentlich glücklich schätzen. Mehr als in anderen Regionen gibt es Initiativen, die sich den Schlössern und Parkanlagen, den Kirchen und anderen Zeugen der spannenden Geschichte widmen. Eine davon ist der »Förderkreis Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz e.V.« unter ihrer engagierten Vorsitzenden Annegret Gehrmann. Und wenn es dann noch gelingt, renommierte Experten wie den Bauforscher Dirk Schumann zu begeistern, so kommen großartige Ergebnisse zustande, wie der anzuzeigende Sammelband, der aus einer Tagung erwachsen ist.
Nach einer kurzen Einführung der Herausgeber Annegret Gehrmann und Dirk Schumann kommen die beiden Nestoren der Landesgeschichte bzw. der Landeskunstgeschichte, Karlheinz Blaschke und Ernst Badstübner, zu Wort. Blaschke stellt in einer sehr knappen Skizze »Kirchenpatrozinien und Kirchenorganisation in der Niederlausitz« vor…
Ebenso kann Ernst Badstübner in seinem Beitrag »Die Niederlausitz als Kunst- und Kulturlandschaft« allenfalls einige Strukturen und Probleme anreißen. Er geht chronologisch anhand der politischen Zugehörigkeit der Niederlausitz vor, angefangen bei den frühen Grundherrschaften und speziell den Klosterherrschaften, in deren Umfeld es häufig bereits zu Backsteinbauten kam…
Nachdenklich stimmt der Beitrag von Bernd Janowski zur »Devastierung von Kirchen im Lausitzer Braunkohlengebiet«. Er hat entsprechend seinem Titel das Nieder- und Oberlausitzer Gebiet grenzüberschreitend in den Blick genommen und zeigt, welche landschaftszerstörende Wirkung damit einhergeht. Die menschlichen Tragödien, die sich hinter diesem Kulturverlust abspielen, lassen sich kaum adäquat beschreiben.
Die von Blaschke und Badstübner eingangs skizzierten Bahnen und Themen werden dann von anderen Beiträgen wieder aufgegriffen und vertieft, wie von Peter Knüvener, der die »Hochmittelalterlichen Skulpturen aus Dorfkirchen der Niederlausitz« heranzieht »und ihre Rezeption« befragt oder zu den »Taufengeln in der Niederlausitz« von Werner Ziems. In medias res geht insbesondere der Beitrag von Dirk Schumann, der gleichsam einen Katalog zum mittelalterlichen ländlichen Kirchenbau in der Niederlausitz erstellt. Sein Beitrag geht auf ein »Projekt zur Erfassung der mittelalterlichen Wandmalereien im Land Brandenburg« zurück, dessen Ergebnisse teilweise bereits 2010 vorgestellt werden konnten. Auch Schumann ordnet die Entwicklungen und (möglichen) Abhängigkeitsverhältnisse bzw. Übernahmen in die (grund-)herrschaftlichen Strukturen ein. Zur weiteren Forschung laden dann in Nebensätze verpackte Aussagen ein, wie diese zur unbekannten Nutzung der südlichen Vorhalle an der Dorfkirche von Leuthen, die aufgrund ihrer Gestalt »möglicherweise innerhalb einer Stationsliturgie als Heilig-Grab-Anlage« diente. Derartige Vermutungen und Andeutungen erzeugen beim Leser Spannungsmomente, da man rasch mehr darüber wissen möchte.
Ulrich Waack, der in den letzten Jahren durch eine Reihe von Beiträgen auf die ökonomischen Voraussetzungen für den Kirchenbau aufmerksam gemacht hat, weist unter dem Titel »Verstärkte Religiosität oder wirtschaftliche Faktoren?« abermals auf diese Einflussfaktoren für den Kirchenbau hin, wobei entgegen dem Untertitel »Späte Ablösung von Holzkirchen durch Steinbauten in der Niederlausitz …« mit Wolkenberg tatsächlich nur ein Niederlausitzer Exemplar zwischen ansonsten sämtlich Südberliner Beispielen herangezogen wird. Chronologische Abrisse zu den Kirchen von Walddrehna (Thomas Krause) und Langengrassau (Annegret Gehrmann) – vor allem mit dem Fokus auf die Baugeschichte und hervorragender Bebilderung – runden den Komplex »Dorfkirchen der Niederlausitz« ab. Allerdings wäre an den Beitrag zur Kirche von Langengrassau der letzte Beitrag des Bandes zur »Hüllensanierung der Dorfkirche Langengrassau« von Achim Munziger besser hintangestellt worden, da so diverse Redundanzen hätten vermieden werden können und dem Leser das lästige Hin- und Herblättern erspart geblieben wäre.
Dem schließt sich der Komplex »Archäologie und Funde an Lausitzer Dorfkirchen« an, den Markus Agthe mit der Beschreibung von Kleinfunden und Fundmünzen in Kirchen einleitet. Aufschlussreich ist die Verhältnisrechnung, die der Autor am Ende aufmacht, indem er den Einnahmen durch die Kollekte die Verlustrate gegenüberstellt … Mehrere Einzelfalluntersuchungen bzw. -beschreibungen schließen sich an, wie zu »Rauchfass und Reliquiengefäß aus der Dorfkirche zu Rückersdorf« (Eberhard Kirch), zu den »Holzkirchen von Horno und Pritzen« (Eberhard Bönisch) oder zu einer »Eichenholzbohle mit spätmittelalterlicher Bemalung aus der Kirche von Würdenhain« (Markus Agthe/Peter Knüvener), zum »spätmittelalterlichen Flügelaltar der Dorfkirche in Lindena« (Bernadett Freysoldt), zur »Farbgestaltung mittelalterlicher Dorfkirchen um Luckau« (Hans Burger), zu »spätgotischen Wandmalereien der Dorfkirche in Riedebeck« (Judith Kauffeldt) und zur »Konservatorischen Bearbeitung der Kreuzigungsdarstellung in Riedebeck« (Hans Burger).
Die Strukturierung des Bandes scheint etwas unglücklich gewählt zu sein, denn insbesondere die Beiträge der Abteilung »Denkmalpflege« – neben dem oben genannten »Langengrassauer« Beitrag einer zur »Orgellandschaft der Niederlausitz« von Abrecht Bönisch und der Bericht zur »Restaurierung von fünfzehn Sandsteingrabmalen auf dem Kirchhof Altgolßen« von Mathias Koch – wären an anderer Stelle besser aufgehoben gewesen. Aber diese subjektiv gefärbte Anmerkung ändert nichts an den außerordentlich luziden Inhalten der einzelnen Beiträge, die den Schatz der Dorfkirchen der Niederlausitz dem interessierten Leser facettenreich erschließen, der sich nun gut informiert selbst ein Bild von den Gotteshäusern auf dem Land machen kann.
Lars-Arne Dannenberg, in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte, Bd. 63 (2012)

 

Die Niederlausitz mit ihren angrenzenden einstmals besonderen Herrschafts­gebieten wie Beeskow-Storkow gehört heute nicht zum Erzbistum Berlin, ist aber leicht von dort aus zu erreichen. Während sich nördlich und südlich des Raumes größere Landesherrschaften bildeten, blieb die Niederlausitz unter wechselnder Oberherrschaft stets Nebenland.
Karl-Heinz Blaschke: »Kirchenpatrozinien und Kirchenorganisation in der Niederlausitz« behandelt für den im Mittelalter zum Bistum Meißen gehörenden Raum Zusammenhänge zwischen den frühen Pfarreien und der Heili­genverehrung. Bemerkenswerte Bauten und Ausstattungen sowie deren denkmal-pflegerische Betreuung bis in jüngste Zeit stellt Ernst Badstübner: »Die Nieder­lausitz als Kunst und Kulturlandschaft« vor. Nicht nur die Landschaft, auch Siedlungen mit ihren Dorfkirchen mussten dem Kohleabbau weichen. Bernd Janowski: »Die Devastierung von Kirchen im Lausitzer Braunkohlengebiet« geht dem Schicksal der 27 abgerissenen Kirchen nach.
Systematische Überlegungen zum Kirchenbau und dem Verhältnis von Dorf, Kirche und Herrschaft und deren spezifische Ausprägung in der Niederlausitz stellt Dirk Schumann: »Backstein, Feldstein und Raseneisenstein. Überlegungen zum ländlichen Kirchenbau in der Niederlausitz anhand ausgewählter Beispiele« an. Den Ursachen des im Vergleich zu den zuvor von Waack in der Mit­telmark untersuchten Dorfkirchen in der Niederlausitz erst sehr spät einsetzenden Überganges vom Holz- zum Steinkirchenbau widmet Ulrich Waack: »Verstärk­te Religiosität oder wirtschaftliche Faktoren? Späte Ablösung von Holzkirchen durch Steinbauten in der Niederlausitz des 15. Jahrhunderts« seinen Beitrag. Auch hier sieht er primär ökonomische Gründe, die für den Übergang entscheidend sind.
Baugeschichtliche und archäologische Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Abriss der Kirchen von Horno und Pritzen liefern Thomas Krause: »Dorfkirche Walddrehna. Die Baugeschichte eines einzigartigen Baudenkmals« und Eberhard Bönisch: »Die Holzkirchen von Horno und Pritzen«. Annegret Gehrmann: »Die Geschichte der Kirche und Pfarre Langengrassau« behandelt die Kirchengeschichte des bei Luckau gele­genen Dorfes mit dem Schwerpunkt in der Zeit nach der Reformation bis in die Gegenwart.
Funde, die frühere reichere Ausstattung vermuten lassen, behandeln Markus Agthe: »Mittelalterliches und neuzeitliches Fundgut auf Kirchfußböden. Klein­funde und Fundmünzen aus Kirchen in der Niederlausitz« und Eber­hard Kirsch: »Rauchfass und Reliquiengefäß aus der Dorfkirche zu Rückersdorf, Landkreis Elbe-Elster«, Markus Agthe und Peter Knüvener: »Eine Eichenholzbohle mit spätmittelalterlicher Bemalung aus der Kirche von Wür­denhain, Landkreis Elbe-Elster, Land Brandenburg«. Den kunst­geschichtlichen Überblick zur Ausstattung gibt Peter Knüvener: »Hochmittel­alterliche Skulpturen aus Dorfkirchen der Niederlausitz und ihre Rezeption«. Ein besonderes Objekt dazu behandelt Bernadett Freysoldt: »Der spät­mittelalterliche Flügelaltar in der Dorfkirche in Lindena«.
In den weiteren Aufsätzen liegt der Schwerpunkt in der Denkmalpflege: Hans Burger: »Veränderliche Konstanten - die Farbgestaltungen mittelalterlicher Dorf­kirchen um Luckau«, Judith Kauffeldt: »Die spätgotischen Wand­malereien der Dorfkirche in Riedebeck. Bestandsaufnahme und technologische Untersuchungen«, Achim Munzinger: »Die Hüllensanierung der Dorfkirche Langengrassau« und Mathias Koch: »Restaurierung von 15 Sandsteingrabmalen auf dem Kirchhof von Altgolßen. Die Bedeutung der au­ßergewöhnlichen Grabskulpturen im regionalen Kontext«.
Werner Ziems: »Taufengel in der Niederlausitz« behandelt bemer­kenswerte Ausstattungstücke der nachreformatorischen Zeit. Dies gilt auch für die Kirchenmusik, der sich Albrecht Bönisch: »Die Orgellandschaft der Nieder­lausitz« widmet.
Felix Escher, in: Wichmann-Jahrbuch des Diözesangeschichtsvereins Berlin, Neue Folge 11/50./51. Jg. 2010/2011

 

Die Kirche ist Aushängeschild des Ortes, nicht nur auf Postkarten. Doch gerade über die dörflichen Kirchen ist oft wenig bekannt. Doch warum ist die eine Kirche aus Feldsteinen, die andere aus Ziegeln? Woher stammt die teilweise noch erhaltene Kunst in den Kirchen? Gibt es regionale Besonderheiten? Wer mehr über die Entstehungsgeschichte, Hintergründe und Besonderheiten der Kirchen in der Niederlausitz erfahren will, den führt »Dorfkirchen in der Niederlausitz« in das Thema ein.
Die Texte stammen überwiegend von den jährlichen Tagungen des Förderkreises Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz. Das setzt einen Schwerpunkt, ist Stärke und Schwäche des Buches zugleich. Dort und weiter westlich nahm mit der deutschen Kolonisation auch der Kirchenbau seinen Anfang und wurde entlang der Handelswege fortgesetzt. Besiedlung und Kirchenbau standen in engem Zusammenhang mit der Struktur der kirchlichen Institutionen, auf die Karl-Heinz Blaschke hinweist.
Aber auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Patronatsherrn schlug sich im Kirchenbau nieder, wie Ulrich Waack für die Übergangsphase der meist ursprünglichen Holzkirchen zu Steinkirchen herausarbeitet.
Scheinbar eine Selbstverständlichkeit – allerdings eine, die zahlreiche Alterseinschätzungen von Kirchen anhand des Baustils infrage stellen kann. Dass wir mittlerweile mehr von den Übergängen von Holz- zu Steinkirchen wissen, liegt auch an der Erforschung von Kirchen wie in Horno, die der Braunkohle weichen mussten. Diesen verschwundenen Kirchen widmet Bernd Janowski ein eigenes Kapitel, während Eberhard Bönisch die längst verschwundenen Holzkirchen von Horno und Pritzen beschreibt.
Vieles ist durch bereits publizierte Erkenntnisse der vergangenen Jahre nicht neu. Aber mit den 20 Beiträgen von nahezu ebenso vielen verschiedenen Autoren wird ein breites Spektrum an Wissen versammelt, das einen aktuellen Überblick verschafft und einen Einstieg vereinfacht.
Diese Vielfalt birgt aber auch zugleich eine, wenn auch verzeihbare, Schwäche. Die Schreibstile variieren fast ebenso, wie der Anspruch der Text an den Leser. Die Überarbeitung hin zu einem einheitlichen Stil hätte wahrscheinlich die Grenzen des Möglichen gesprengt. Auch wären farbige Illustrationen direkt in den Beiträgen wesentlich aufschlussreicher gewesen als in Schwarz-Weiß.
Besonders, wenn es um die Farbgestaltung mittelalterlicher Dorfkirchen um Luckau geht, die Hans Burger beschreibt. Oder wenn Judith Kauffeldt anhand der spätgotischen Wandmalereien der Dorfkirche Riedebeck im Vergleich mit denen in Beesdau (beide Dahme-Spreewald) und Briesen (Spree-Neiße) die These einer gemeinsamen Werkstatt anführt. Mit farbigen Bildern und Grafiken im Mittelteil wird versucht, dieses Manko aufzufangen.
Die Breite der Themen macht diesen Nachteil aber mehr als wett. Übersichten zur Orgellandschaft in der Niederlausitz von Albrecht Bönisch oder zu Tauf-Engeln von Werner Ziems gehören dazu, wie der Beitrag von Peter Knüvener zu den hochmittelalterlichen Skulpturen aus den Dorfkirchen. Wobei Knüvener den Bestand als bislang nur lückenhaft untersucht und publiziert einschätzt und ein eigenes Forschungsprojekt zur Erfassung und Bewertung fordert.
Kirchen sind mehr als Gebäude, ihr Gemeindeleben wird vor allem von den Pfarrern geprägt. Dass diese keineswegs in Saus und Braus lebten, beschreibt Mitherausgeberin Annegret Gehrmann am Beispiel von Langengrassau. Den Pfarrern standen zwar gewisse Einnahmen zu, aber diese einzutreiben, blieb ebenfalls Problem des Geistlichen. Ihr Beitrag zeigt, wie schwierig es für die Gemeinden war, Kirche und Pfarrhaus mit Nebengebäuden zu erhalten.
»Dorfkirchen in der Niederlausitz« ist als mehr als eine Beschreibung von Gebäuden. Das Buch zeigt, was die Dorfkirchen noch beherbergen und wie sie mit der Umgebung verwoben waren. Vielleicht sollte es mehr Gruppen wie diesen Förderkreis geben, der mit eigenen Konzertreihen und Radtouren für seine Ziele wirbt und mit diesem Band weit über »seine« 28 Kirchen hinausgegangen ist.
Fazit: Wer über den eigenen Kirchturm hinausblicken will, wird nach der Lektüre dieses Buches auch die eigene Kirche mit ganz anderen Augen sehen.
Jürgen Scholz, in: Lausitzer Rundschau am 18.05.2011