Angela Pfennig:

Die Welt ein großer Garten

Der Königlich-Preußische Hofgartendirektor Ferdinand Jühlke (1815–1893)

Eingebettet zwischen zwei sehr erfolgreiche und publikumswirksame Gartenbauausstellungen, der ersten Landesgartenschau Mecklenburg-Vorpommerns 2002 in Wismar und der IGA 2003 in Rostock, gestaltete das kleine Vineta-Museum der Stadt Barth 2002 eine stark beachtete Ausstellung – Die Welt ein großer Garten – für den Königlich-preußischen Hofgartendirektor Ferdinand Jühlke, einen Sohn dieser Stadt. Eine solche Sonderausstellung mit einem Katalog auszustatten, ist durchaus nicht ungewöhnlich. Diese Veröffentlichung von Angela Pfennig verdient jedoch die besondere Hervorhebung, denn sie zeichnet nicht nur in liebevoller Weise ein Lebensbild des Gärtners, Lehrers, Obstzüchters, Gemüsefachmannes und Hofgartendirektors der königlichen Gärten in Potsdam, Ferdinand Jühlke, sondern setzt gleichzeitig seinen Wahlspruch um: »miscere utile dulci« das Nützliche mit dem Schönen verbinden. Noch um die Jahrhundertwende von den Herausgebern von Meyers und Brockhaus' Konversationslexikon mit einer ausführlichen Darstellung bedacht, war Ferdinand Jühlke in den folgenden Jahrzehnten zunehmend aus dem Blickfeld verschwunden. Obwohl er in Potsdam der Nachfolger des großen deutschen Gartenkünstlers Peter Joseph Lenné war, blieb Jühlke bei den Würdigungen Lennés aus Anlaß des 200. Geburtstages 1989 meistens unbeachtet. Es ist Angela Pfennig zu danken, daß sie eine ausführliche Biographie eines fast in Vergessenheit geratenen Gartenkünstlers vorgelegt hat. Lückenlos läßt sich das Leben Jühlkes über einen Zeitraum von mehr als 70 Jahren nachvollziehen. 1815 in Barth in Vorpommern geboren, in einer Zeit großer politischer und wirtschaftlicher Veränderungen, begann Jühlke seine gärtnerische Laufbahn 1830 im Botanischen Garten der Universität Greifswald. 24 Jahre wirkte er in der Nähe von Greifswald an der Königlichen Landwirtschaftlichen Akademie in Eldena. In diese Zeit fallen auch die Mitbegründung des Gartenbauvereins für Neuvorpommern und Rügen, die Entstehung seiner Freundschaft zu Fritz Reuter (Erwähnung von Jühlke in »Ut min Stromtid«) und die durchaus freundschaftliche Bekanntschaft mit Bismarck, der als angehender landwirtschaftlicher Praktikant in Eldena weilte. Die sehr gelungene und naturnahe Darstellung des »Pommerschen Krummstiels« auf der vorderen Umschlagseite des Katalogs ist gleichzeitig ein Hinweis auf ein wesentliches Arbeitsfeld Jühlkes in dieser Zeit - den Obstbau, die Züchtung und die Verbreitung neuer Sorten.
1858 machte Jühlke sich selbstständig und übernahm eine Gartenbaufirma in der damals führenden Gartenbaustadt Erfurt. 1866, nach Lennés Tod, wurde Jühlke von König Wilhelm I. zu dessen Nachfolger berufen. Die Gründe hat auch Angela Pfennig nicht herausgefunden, aber es könnten die wirtschaftlich geprägte Gesinnung des Königs, die enge Bekanntschaft zu Bismarck oder auch die überaus erfolgreiche Gartenbauausstellung in Erfurt gewesen sein. In Potsdam entstanden zu Jühlkes Zeit kaum neue Anlagen, das heißt aber nicht, daß nicht auch er gartenkünstlerische Zeichen setzte. Zu erwähnen sind u.a.: Kurpark Bad Homburg, Berlin, Charlottenburg, Barth, Oranienburg bei Berlin und die Freundschaftsinsel in Potsdam.
Zum 50. Dienstjubiläum 1884 erfuhr Jühlke für damalige Zeiten hohe Anerkennungen: Verleihung des Ritterkreuzes, des Hausordens der Hohenzollern, Überreichung eines Silberbestecks für 24 Personen, silberne Tafelgeräte und Armleuchter, Festessen zu Ehren des Jubilars. 1893 fand er seine letzte Ruhe auf dem Neuen Friedhof in Potsdam.
Der Darstellung und dem Aufbau des Katalogs, verbunden mit der akribischen Arbeit von Angela Pfennig, ist es zu danken, daß es gelungen ist, die vielen Fakten in eine Form zu bringen, die ein Lesen und Hineinfühlen in die Zeit zu einem spannenden und jederzeit lebendigen Exkurs werden lassen. Die facettenreiche Darstellung des interessanten Gartenkünstlers Jühlke fügt wenig Bekanntem viel Neues hinzu. Die Fülle der hervorragenden Abbildungen vervollständigt den Katalog in schöner Weise. Hervorzuheben ist auch das umfangreiche Verzeichnis der Schriften und Aufsätze Jühlkes. Ein Katalog, der von der Aufmachung und vom Inhalt jeden gartenhistorisch interessierten Leser begeistern wird.
Dittmar Alexander, in: Baltische Studien. Pommersche Jahrbücher für Landesgeschichte, Bd. 90 (2004)

 

Vorliegende Publikation ist der Katalog zur gleichnamigen Sonderausstellung (28. Juni bis 6. Oktober 2002) im Vineta-Museum Barth. Mit dieser Präsentation einer umfassenden Werkschau sollen Leben und Werk des 1815 in Barth geborenen, unter anderem in Greifswald-Eldena und Vorpommern, Erfurt und Eisenach sowie Potsdam-Sanssouci tätigen Königlichen Hofgartendirektors Ferdinand Jühlke gewür­digt werden. Angela Pfennig wird dieser Würdigung mit ihrem eindrucksvollen Katalog gerecht. Sie präsentiert Ferdinand Jühlke anhand der bislang wenig beachteten schriftlichen Quellen und des vielfältigen Bildmaterials als Lehrer, Autor, aktives Mitglied in zahlreichen Vereinen, als Initiator der ersten Internationalen Gartenbauausstellung in Erfurt (1865) und entscheidenden Beiträger zur Ökonomisierung und Popularisierung des Gartenbaugedankens im 19. Jahrhundert.
Aufschlußreich begleitet Angela Pfennig Ferdinand Jühlke vom Beginn seiner gärtnerischen Laufbahn im Botanischen Garten der Universität Greifswald, von seinen durch Selbststudium und Privatunterricht erworbenen Kenntnissen auf dem Gebiet der Botanik, der Physik, der Mathematik und des Feldmessens, von seiner Tätigkeit als akademischer Gärtner und Fachlehrer an der landwirtschaftlichen Akademie Eldena bis hin zu seiner Berufung als Hofgartendirektor zur Verwaltung aller Königlichen Gärten als Nachfolger Peter Joseph Lennes in Potsdam durch König Wilhelm I. bis hin zu seiner Ernennung als Direktor der Königlichen Gärtner-Lehranstalt in Potsdam, der höchsten Bildungsstätte für den gärtne­rischen Nachwuchs der damaligen Zeit, und bis hin zu seiner Ernennung als Direktor der Landesbaum­schule in Alt-Geltow. Es spricht für Angela Pfennigs Darstellung, daß sie Ferdinand Jühlke auch als Menschen schildert, so etwa im Kreise seiner Familie, seiner Bekannten und Freunde, so auch in seiner freundschaftlichen Verbindung zu Bismarck oder in seiner engen Freundschaft zu Fritz Reuter, dessen Garten er in Eisenach gestaltete. Im Mittelpunkt der Darstellung stehen verständlicherweise in Wort und Bild Ferdinand Jühlkes Verdienste um die Kultivierung von Obst- und Gemüsesorten gleichrangig neben seinen großen Erfolgen bei der Gestaltung von öffentlichen und privaten Parkanlagen sowie der Begrünung von städtischen Plätzen, u.a. die Entwürfe für die »Neuen Anlagen« in Barth, für die Erweiterung des Kurparks in Bad Homburg, der Entwurfsplan für den Schloßpark in Oranienburg, für die Umgestaltung der Wallanlagen in Stralsund oder für die Parkanlagen auf dem westlichen Teil der Freundschaftsinsel an der Langen Brücke in Potsdam. Ausstellung und Katalog machen evident, daß die produktive Verknüpfung von Gartenbau, Agrarwirtschaft und Agrarwissenschaft sowie die Bewahrung des Erbes von Peter Joseph Lenne Ferdinand Jühlke zum bedeutendsten Gartengestalter seiner Zeit werden ließen. Angela Pfennigs Beitrag ist nicht nur ein Beitrag deutscher und speziell pommerscher Kulturgeschichte, sondern zugleich ein Beitrag zur Würdigung der Gartenkultur des Historismus.
Fritz Wagner im Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte, 53(2002)