Erfurt im Mittelalter
Neue Beiträge aus Archäologie, Bauforschung und Kunstgeschichte

… Anliegen der »Studien« ist es, »unmittelbar an den Kunst- und Bauobjekten« gewonnene Ergebnisse vorzustellen und zwar für den ganzen Thüringer Raum. Der erste Band widmet sich aber Erfurt. .Alle Beiträge des Bandes sind sorgfältig erarbeitet und mit erläuternden Abbildungen und Karten versehen. Sie bieten den derzeitigen Forschungsstand und führen vielfach weit über ihn hinaus.
Aus: Sammelrezension in »Die alte Stadt«, 1/2005

 

Ce premier volume d’une nouvelle collection destinée à mettre en valeur les œuvres architecturales et artistiques de la Thuringe est consacré au patrimoine médiéval d’Erfurt. La première contribution consiste en un rapport préliminaire de fouilles réalisées à l’est du centre-ville et permettant de suivre l’évolution de l’habitat dans cette zone à partir du XIIe s. L’architecture civile est particulièrement bien représentée, avec plusieurs études (illustrées par des photographies et des relevés planimétriques) de maisons remontant, pour certaines, au XIIe s. Par ailleurs, un article présente l’histoire de la fortification élevée au bas Moyen Âge sur une île de l’Unstrut (Großvargula), mentionnée semble-t-il dès le VIIIe s. dans un acte de Fulda. L’architecture religieuse est abordée dans trois travaux concernant l’église des Dominicains (sur les murs extérieurs, le portail et les transformations du bâtiment entre le XIIIe et le XXe s.). Quant au patrimoine artistique religieux, il est représenté par les stalles de la cathédrale (XIVe s.), dont le programme iconographique est analysé en détail, et par la tapisserie de la Madeleine (réalisée entre 1460 et 1480), provenant du couvent des Ursulines. Les deux dernières contributions concernent le destin du patrimoine médiéval d’Erfurt à l’époque moderne et contemporaine : il s’agit, d’une part, d’une analyse de l’incidence de la Réforme sur l’architecture religieuse et, d’autre part, d’un bilan de la politique des autorités nazies à l’égard des églises de cette ville.
Philippe Depreux (MHFA) in »Bulletin d’Information de la Mission Historique Française en Allemagne, Librairie Allemande«, 40/2004, S. 349

Die Schriftenreihe »Erfurter Studien zur Kunst- und Baugeschichte« (ESK) ist ins Leben gerufen worden, um den seit einigen Jahren in größerer Zahl entstehenden Untersuchungen zu Kunst- und Baudenkmalen des Thüringer Raumes ein Forum zu bieten. Aktuelle Beiträge aus Archäologie, Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege sollen hier dem interessierten Laien sowie dem Fachpublikum zugänglich gemacht werden.
Der vorliegende erste Band ist mit der Landeshauptstadt Thüringens einer der größten mittelalterlichen Städte Deutschlands und ihrem reichen Bestand an Bau- und Kunstwerken aus jener Zeit gewidmet. Die Beschäftigung der verschiedenen historischen Disziplinen, vor allem der Bau- und Stadtkernforschung, mit diesen Objekten hat in Erfurt gerade in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erlebt. Zahlreiche Funde und Befunde konnten im Rahmen von Ausgrabungen und bauhistorischen Dokumentationen aufgenommen werden, deren Auswertung wichtige Erkenntnisse zur Geschichte einer der größten mittelalterlichen Städte Deutschlands ermöglichen. Die Vielfalt der damit anstehenden Themen, Gegenständen und Methoden versucht die vorliegende Auswahl an Aufsätzen deutlich zu machen.
Die Autoren, teils freischaffende, teils in Instituten, Hochschulen und Denkmallandesämtern beschäftigte Kunsthistoriker, Bauhistoriker und Archäologen, stellen die Ergebnisse ihrer Forschungen zu Ikonographie, Herstellung und Rezeption sakraler Kunstgegenstände, zur Geschichte und Baugestalt von Sakral- und Profanbauten sowie zur strukturellen Entwicklung der Stadt dar.
Die zwölf Artikel beschäftigen sich zum einen mit Gebäuden bzw. deren Spuren, die vorher nie Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung waren. Das gilt zuallererst für den archäologischen Grabungsbericht, aber auch für die Ausführungen über bauhistorische Untersuchungen an den Profanbauten der Erfurter Altstadt. Zum anderen wenden sie sich allgemein bekannten Bau- und Kunstwerken, wie der Predigerkirche, dem Domchorgestühl, oder dem Haus »Zur Engelsburg«, zum Magdalenenteppich aus dem Erfurter Ursulinenkloster, aber auch einem Thema wie dem Umgang mit mittelalterlichen Sakralbauten im Erfurt der NS-Zeit. Dabei bringt die erneute Beschäftigung mit diesen Objekten unter neuen Fragestellungen, mit einer präziseren Methodik und durch eine quellenkritische Analyse vielfältige neue Aussagen hervor, die unser Bild von diesen Baudenkmalen und ihrer Geschichte wesentlich verändern.
vdr unter http://www.kunstbuchanzeiger.de/de/themen/epochen/rezensionen/479/

Es gibt Nachrichten, die lassen einen wieder an das Gute glauben. Die lassen einen vergessen, daß wir in einem armen Land leben. Das öffentliche Bedürfnis nach Kultur ist angeblich nicht mehr zu befriedigen, weil es nicht mehr zu bezahlen sei. Ein mittlerweile vielzitiertes Beispiel ist die Pflege wertvoller historischer Kunst- und Bauwerke. Zwar ist Denkmalpflege unser aller Pflicht (zumindest vor dem Gesetz), immer weniger wollen aber etwas in sie investieren. Allen voran geht der Staat. Auf seiner Suche nach Sparposten ist er schon längst in diesem Terrain fündig geworden. Privatleute und Unternehmen fragen sich seitdem immer öfter, warum sie sich für die gemeinsame Aufgabe engagieren sollen, während sich der Staat klammheimlich zurückzieht. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. So lehrt es zumindest ein jetzt erschienenes Buch, das sich der lokalen Kulturgeschichte Erfurts annimmt und öffentliches und bürgerschaftliche Engagement vereint: Die Herausgeber und Autoren, die sich – wie das Buch belegt – nicht nur beruflich mit der Bau- und Kunstgeschichte Erfurts beschäftigen, wurden unterstützt von der Kulturförderung des Thüringer Kunstministeriums und vom Erfurter Architekturbüro Hans Herb.
»Erfurt im Mittelalter« widmet sich einer kulturellen Blütezeit Erfurts, über deren Niveau man nur staunen kann. Im 13. und 14. Jahrhundert gehörte die heutige thüringische Landeshauptstadt nicht nur in die erste Reihe deutscher Großstadtmetropolen, sondern war auch Kunstzentrum von nationalem Rang. Künstlerische und bauliche Zeugen dieser Zeit werden in den zwölf Einzelaufsätzen des Buches vorgestellt. Die Auswahl zeigt dabei ein recht weit gefächeltes Spektrum. Es reicht von einer bloßen Mauer (!) im Andreasviertel – die von einem Kunst- und Bauhistoriker zum Sprechen gebracht wird , über einen neun Quadratmeter großen Bildteppich – an dem im Ursulinenkloster jahrzehntelang gestickt wurde – bis hin zu klassischeren Betrachtungsgegenständen: profane und sakrale Bauwerke. Sie werden von meist völlig neuen Seiten betrachtet, wie z.B. die Predigerkirche oder das Chorgestühl im Dom. Ein wohl über hundert Jahre langer Rattenschwanz von Legenden und Wahrheitsverdrehungen wird in dem Aufsatz über die E-Burg abgeschnitten. Demnach ist die Humanistenstätte in dem berühmten Erkerzimmer an der Kirchhofgasse eine praktikable Erfindung.
Die Autoren öffnen auch ganz neue Töpfe: Themen, von denen man bisher in Erfurt sehr selten etwas vernehmen konnte, wie beispielsweise die Veränderungen an mittelalterlichen Kirchen in der Neuzeit – bis hin zu der reflektierenden Selbsthinterfragung des Buchtitels: Wie mittelalterlich sind Erfurts mittelalterliche Denkmale eigentlich? Das alles zeigt das kritischen Bewußtsein, mit dem Herausgeber und Autoren an die Sache gingen. Da läßt es sich gespannt hoffen, was da noch kommen mag. Das Editorial verrät nämlich: Mit dem Band »Erfurt im Mittelalter« ist eine neue Schriftenreihe ins Leben gerufen. Sie soll zukünftig weiteren Untersuchungen zu Kunst- und Baudenkmalen des Thüringer Raumes ein publizistisches Forum bieten – ein unverhoffter Lichtblick in prosaischen Zeiten? Klaus Baum in »Die Rampensau. Literatur, Kunst und Alltag in Erfurt«, Heft 3/2003