Peter Walther (Hg.)
Kindheitsbilder
Alltagsfotografie in Brandenburg
seit 1848
Der
Architekturhistoriker Thomas Flierl, seit 2007
Vorsitzender der Max-Lingner-Stiftung, stellt
gemeinsam mit zehn weiteren Autoren Lingners Spätwerk vor – anhand von
überreichtem Bildmaterial, darunter aufschlussreichen Fotodokumenten
sowie gründlichen Werkanalysen.
Peter H. Feist, in: neues
deutschland, am 22.08.2013
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…Das
Buch ist wichtig, weil relativ wenige Fotos zu diesem Thema in den öffentlichen
Sammlungen vorhanden sind. Die dünne Überlieferung hängt mit dem sich spät
entwickelnden Sammlungsinteresse zusammen, denn Alltagsmotive wurden nur in
Privathaushalten aufbewahrt: Kinderbilder sind eher aus Erinnerungsgründen und
kaum aus ästhetischer Wirkungsabsicht aufgenommen worden. Viele Fotos werden
dadurch interessant, dass auf ihnen das vordergründig
Abgebildete durch eine scheinbare Beiläufigkeit akzentuiert wird, die sich
beim zweiten Hinsehen als Hauptsache entpuppt. Andere spiegeln den Einfluss
des wechselnden Zeitgeschehens auf das Alltagsleben der Heranwachsenden.
Immer wieder wurden dieselben Sujets im Bild festgehalten: Kinder beim
Spielen, beim Posieren mit Freunden und der Familie, Kinder in der Schule oder
am Wasser. Immer illustrieren sie auch den Wandel von
Haltung, Mode und Technik. Bei den Porträts wirken die Kinder unverstellt,
selbst wenn sie posieren. »Zur Inszenierung fehlt ihnen zwar nicht die Absicht, aber es fehlen die Mittel«,
stellt der Herausgeber Peter Walther fest. »In der
Regel blicken Kinder nicht von außen auf sich. Sie können kein Bild von sich
geben, weil sie noch keins von sich haben. Nicht
zuletzt die Erinnerung an diesen Zustand des Vorbewussten und der Zeitlosigkeit
macht uns für die Wirkung der Fotos empfänglich. Vor allem an den Portraits wird der melancholische Reiz der Aufnahmen
deutlich: In der absichtslosen Offenheit der kindlichen Gesichter, wie sie vor 100 oder 50
Jahren in einem flüchtigen Moment abgebildet wurden, begegnen wir
der eigenen Zeitlichkeit.«
Der Augenarzt und Publizist Bernhard von Barsewisch
aus Groß Pankow ist einer von vier Autoren, die das
Buch mit Kindheitserinnerungen bereichert haben. Der 1935
Geborene schreibt über die Jahre 1940 bis 1945. Er schildert seine
Erlebnisse in der Perleberger Schule und seine Eindrücke vom Leben im
Familiengut seiner Mutter in Groß Pankow, wohin er
häufig am Wochenende fuhr. Sein Text bietet dem Leser Einblicke in eine
vergangene, untergegangene Welt…
Wolfram Hennies,
in: Prignitz-Kurier (MAZ), am 09.08.2013
Der
Mediziner und Publizist Bernhard von Barsewisch ist
einer der vier Autoren der Erinnerungstexte und literarischen Essays, die dem
Buch »Kindheitsbilder. Alltagsfotografie in
Brandenburg seit 1848« vorangestellt sind. Dieser prächtige Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung
im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte
enthält genau die Auswahl von insgesamt fast 350 Fotografien, die dort zu
besichtigen … Kindheitserinnerungen [von Klaus Büstrin
und Martin Ahrends sind] ebenfalls in dem Band zu
lesen … Auch in ihren Texten ist das Politische im
Alltag häufig präsent, dringt durch die geschilderten Erlebnisse oder
Naturbeobachtungen immer wieder auch die Zeitgeschichte. Klaus Büstrin etwa, der seinen elegant erzählten Text auch
bestens vorzulesen versteht, erinnert sich darin nicht nur gern an seinen
ersten Besuch auf der Pfaueninsel oder daran, wie seine Liebe zur Musik geweckt
wurde, nachdem er als Junge auf seltsame Weise in den Genuss eines
Privatkonzertes des berühmten Pianisten Wilhelm Kempff
gekommen war. Auch die Ausweiskontrollen auf der Glienicker Brücke und die
gehörige Standpauke, die eine Volkspolizistin seiner
Mutter hielt, beschreibt er ebenso anekdotisch … In einem poetisch verdichteten
Prosatext wiederum erinnert sich Martin Ahrends an
seine Kindheit in Kleinmachnow. Da sind die Abenteuerspiele eines elfjährigen
Jungen mitten im plötzlichen Grenzgebiet, das verbotene Spähen vom Dachboden
aus nach den nur zehn Meter entfernten »Westhäusern«,
aber auch die Bootstouren mit den Eltern auf der Havel und die »schiere
Ereignislosigkeit« der flachen schweigenden Landschaft. Vielleicht mehr noch
als viele Fotografien in dem Begleitband spiegeln all
diese Erinnerungstexte den Einfluss, den das wechselnde Zeitgeschehen auf das
Alltagsleben der Heranwachsenden nahm.
Daniel Flügel, in: Potsdamer Neueste Nachrichten,
am 09.08.2013
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