Matthias Friske
Die Geschichte des »Mosaik von Hannes Hegen«
Eine Comic-Legende in der DDR

 

Das farbige Periodikum »Mosaik von Hannes Hegen« mit den lustigen Abenteuern von Dig, Dag und Digedag war eines der erfolgreichsten deutschen Comics überhaupt. Seine Popularität rührte auch daher, dass seine Geschichten ganz beiläufig den historischen und kulturellen Horizont der Leser zu erweitern vermochten. Das Buch zeichnet den Mythos um Hegens Werk, die Ursprünge, die Merkwürdigkeiten und das Faszinierende des »Mosaik von Hannes Hegen« nach.
In: Kiez. Magazin, 2010

 

 

Bücher über Kirchen, Theologie und Kunst sowie Bibeln füllen die wuchtigen Regale im Arbeitszimmer von Pfarrer Matthias Friske aus dem brandenburgischen Schönwerder (Uckermark). Der Talar hängt griffbereit am Schrank. Ein typisches Pfarrhaus, könnte man meinen, wären da nicht die Comics an den Wänden und die Sammlung aller »Mosaik«-Hefte im Wohnzimmer des Geistlichen.
Der 41-Jährige ist Fan des 1955 erstmals erschienenen DDR-Comics »Mosaik«, der mit einer Rekordauflage von 660 000 Exemplaren und rund 2,5 Millionen Lesern zu den erfolgreichsten des Landes gehörte. In 20 Jahren und 223 Heften reisten die Helden Dig, Dag und Digedag durch Raum und Zeit. Sie bewegten sich im antiken Rom und im Weltraum, durchstreiften den Orient, den Dschungel und Amerika.
Die Faszination für die aufwendig gestalteten Geschichten und die vielen Gerüchte um die Autoren und das plötzliche Ende des Comics bewegten Friske zur Recherche. Zur Freude der Fangemeinde hat er erstmals ein Buch zur Geschichte des »Mosaik« geschrieben, das Erfinder Hannes Hegen selbst abgesegnete.

In seiner reich bebilderten »Geschichte des ›Mosaik‹ von Hannes Hegen« beleuchtet Friske erstmals politische Hintergründe. So schildert er, warum die erstaunten Leser 1958 das Heft »Entführung ins All« in den Händen hielten und zunächst keine weiteren Abenteuer der Digedags in Rom, Gallien und Germanien miterleben durften. »Weil nach der poststalinistischen Tauwetterperiode eine fortschrittlichere Linie vorgegeben wurde, reisten die Digedags plötzlich zum Neos«, erläutert der Autor. Dabei handelte es sich um einen Zwei-Länder-Planeten mit einem sozialistischen Vorzeigestaat und einem bösen Gegenspieler.
Während der Mauerbau zu einer Lockerung der Vorgaben führte, setzte Ende der 1960er-Jahre wieder eine verschärfte Zensur ein. »In den 70er-Jahren genoss das Autorenkollektiv wieder Narrenfreiheit«, sagt Friske. Nach dem plötzlichen Ende der quicklebendigen Protagonisten im Jahre 1975 herrschte unter den Lesern große Trauer, wie Friske erzählt. Bald hätten wildeste Spekulationen über die Hintergründe eingesetzt, selbst über den angeblichen Tod Hegens. »Doch all diese Gerüchte basierten auf purer Fantasie.«
Auch heute seien richtige und genaue Informationen nur sehr schwer erhältlich. Der inzwischen 84-jährige Graphiker Hegen habe fast nie Interviews gegeben, sagt Friske, der zumindest schriftlich mit ihm kommunizierte. Interviewen konnte er Lothar Dräger. Der Szenarist und Texter führte das »Mosaik« nach der Kündigung Hegens 1975 mit den alten Autoren und neuen Figuren, den Abrafaxen, weiter.
Gut drei Jahre hat der Theologe und promovierte Historiker Friske für die Arbeit am 130-Seiten-Buch gebraucht. Seine rund 1000 Schäfchen hat der Seelsorger deshalb nicht vernachlässigt, sondern – etwa bei einem Gemeindenachmittag zum »Mosaik« – einbezogen. Fans wie Helmut Müller aus Wolfen (Sachsen-Anhalt) sind dankbar über die Mühe. Der Betreiber des Online-Fanmagazins »tangentus« und Organisator der jährlichen »Mosaik«-Tauschbörse befindet: »Das Buch ist eine echte Bereicherung für die Fangemeinde.«
Anja Sokolow in der Märkischen Oderzeitung vom 28/29. November 2009

 

 

Comis waren bei der SED-Führung nicht gern gesehen, kamen sie doch aus dem kaptalistischen Ausland und galten als Schund. Trotzdem hat es sie auch im Osten gegeben. Über den erfolgreichsten Comic der DDR, Hannes Hegens »Digedags« in der Zeitschrift Mosaik, hat Matthias Friske ein faktenreiches und flott lesbares Buch geschrieben.
Hegen war der richtige Mann zur richtigen Zeit. Als der Zeichner 1955 beim Verlag Neues Leben vorsprach, plante die FDJ gerade, den Comics aus dem Westen etwas Eigenes entgegenzusetzen: Mosaik war geboren. Die Hefte um Dig, Dag und Digedag erreichten bald eine Auflage von 660 000. Seit 1965 wurde eine kleine Anzahl in die BRD und nach Österreich exportiert, später auch ins fremdsprachige Ausland. Unterwegs waren die Digedags als Postreiter Alexander des Großen oder als Entdecker eines Metalls im Weltall. Der Schauplatz der Abenteuer musste manchmal kurzfristig der aktuellen internationalen Lage angepasst werden. Von offizieller Seite wurde der Beitrag zur »Erziehungsarbeit für den Sozialismus« zwar angezweifelt, trotzdem musste man zähneknirschend die Beliebtheit der Abenteuergeschichten durch Raum und Zeit anerkennen.
Nach einem Streit zwischen Hegen und dem Verlag wurden 1975 die Digedags eingestellt. Für die Leser kam das Ende völlig unerwartet, bis heute kursieren Spekulationen über die Gründe und Umstände. Friske hat erstmals alle Hintergründe recherchiert und beschreibt, wie der Übergang zum Nachfolger Trio Abrafaxe gelang, mit denen eine Auflage von über einer Million Hefte erreicht wurde. Nebenbei erhält der Leser viele Einblicke in den Herstellungsprozess eines Comics und lernt das künstlerische Team, das hinter den Mosaik-Heften steht, kennen. Übrigens ist der Erfolg der Abrafaxe bis heute ungebrochen: Im März dieses Jahres erschien das 400. Heft.
Franziska Reif im Kreuzer im Juni 2009


 

[…] Wer zudem an einer ausführlichen Darlegung der Geschichte der Digedags und seines Schöpfers interessiert ist, sollte sich unbedingt dem Buch Die Geschichte des Mosaik von Hannes Hegen von Matthias Friske zuwenden. Flüssig geschrieben, schildert Friske hier nicht nur den Werdegang einer zunächst erheblich dem Widerstand der Zensurbehörde ausgesetzten Heftreihe, sondern erhellt auch das nebulöse Abtauchen von Hannes Hegen und dem damit einhergehenden Ende der Ära Digedags im Jahr 1975. Vervollständigt wird das pfefferminzgrüne Buch im handlichen Mosaikformat schließlich durch eine Bibliographie aller Mosaik-Hefte.
In »Das Stadtmagazin«, Jena, Mai 2009.

 

 

Helden gab es viele, zumindest Menschen, die politisch dazu stilisiert wurden.
So richtig viele Kult-Figuren, Helden also nicht nur nach offizieller Diktion, sondern auch im Verständnis der regierten Arbeiter und Bauern, hatte die DDR hingegen nicht: Täve Schur, Siegmund Jähn, Kathi Witt vielleicht. Und die Digedags. Sie waren die Comic-Helden des ostdeutschen Staates und sie waren Publikumslieblinge – abzulesen an stetig steigenden Auflagenzahlen des »Mosaik«, in dem sie zwischen 1955 und 1975 auftraten, aber auch an den Mondpreisen, zu denen die Hefte unter der Hand gehandelt wurden. So richtig erschließt sich der Kult den heutigen Lesern vielleicht nicht mehr. Gestalterisch anspruchsvoll ist es, ohne Frage. Und pädagogisch wertvoll, auch dies. Vor allem aber eine Art Solitär: Das einzige regelmäßige Comic in der DDR-Geschichte war das Mosaik, bunter Lichtblick einer staatlicherseits eigentlich verachteten Kunst- und Literaturform.
Matthias Friske, Theologe und Kunstgeschichtler, hat sich die Hintergründe dieses Lichtblicks, die »Geschichte des ›Mosaiks‹ von Hannes Hegen« vorgenommen. Spannend dabei ist, dass ausgerechnet der pädagogische Input der »Mosaik«-Hefte, der es für Leser und Verlag gleichermaßen bedeutsam machte, mit genauer Recherche und auch Wiedergabe beispielsweise der Zeitumstände in Lateinamerika, in der Römerzeit oder im Weltall, sich aus dem politischen Widerstand gegen das ursprünglich geplante Heft ergab: Ohne Hintergrundwissen keine Bildergeschichten, so die Auflage. Dass es hier regelmäßig zu zähem Ringen um die richtigen Themen und die agierenden Personen kam, verdeutlicht Friske mit seinem Überblick. Damit kommt er einer Erklärung des Kults um die Digedags zwar nicht wesentlich näher. Doch präsentiert er das »Mosaik« besser, als an einem einzelnen Film oder Roman erklärbar wäre, als ein Paradebeispiel für die Tatsache, dass das Ausmaß der Obrigkeitsstaatlichkeit in der DDR Zyklen unterworfen war: Was heute verboten war, konnte morgen erwünscht sein. Was heute gut war, war morgen verfemt. So wird sein eher editionswissenschaftlich-historischer Ansatz zur Beschreibung des »Mosaiks« auch für Nicht-Fans von Hegen zu einer lesenswerten Lektüre.
V. Tzschucke in der Sächsischen Zeitung vom 29. April 2009.

 

 

Man muss kein ausgewiesener Comic-Anhänger sein, um das Buch »Die Geschichte des Mosaik von Hannes Hegen« zu lesen. Aber vielleicht wird man zu einem – beim Lesen. Das Buch schafft das, was öden Geschichtsbüchern meist nur selten gelingt, nämlich den Leser für einen Teil wichtiger DDR-Kulturgeschichte zu interessieren und ihn gleichzeitig in seinen Bann zu ziehen.
1955 spricht ein junger Mann im Berliner Verlag »Neues Leben« vor. Der Graphiker möchte eine »Bilderzeitschrift«, wie Comics in der DDR genannt wurden, ins Leben rufen. Die Helden seiner Geschichte hat er bereits im Kopf: Dig, Dag und Digedag sollen sie heißen. Hannes Hegen und seinem Team gelingt das Erstaunliche: Von 1955 bis 1975 erscheint das »Mosaik« mit seinen bunten Bildern trotz Kritik, Zensur und Anfeindungen in der DDR. Das Comic, das Kultstatus erreicht und im Osten wie im Westen gleichermaßen begehrt ist, wird zur Legende.
In seinem Buch zeichnet Autor Matthias Friske, Pfarrer in der Uckermark, akribisch aber nie langweilig das »Mosaik« nach – von den Anfängen der Digedags bis zur Entwicklung der Abrafaxe und manch stürmischer Fahrt durch politisch schwierige Gewässer. Dass es Hannes Hegen immer wieder gelang, sein Comic als unpolitisch darzustellen, obwohl seine Digedags auf der ganzen Welt herumreisten, neueste Technik kopierten und das Redaktionsteam es sogar für eine Recherche bis nach China schaffte, stellt Autor Friske gekonnt dar. Am Ende der Lektüre ist man wehmütig. Schon zu Ende? Schade. Die »Bilderzeitschrift« lebt dennoch weiter: Die Digedag-Nachfolger Abrafaxe gibt es noch.
Liva Haensel in »die kirche.de«, Nr. 17, vom 26. April 2009

 

 

SCHÖNWERDER. Schnee fällt auf den Sarg. Pfarrer Matthias Friske steht wartend auf dem Friedhof im uckermärkischen Schönwerder, während die Trauergäste ans Grab treten. Normalerweise würde der Pfarrer gleich noch mit den Angehörigen Kaffee trinken. »Das ist den Leuten wichtig und mir eigentlich auch«, sagt er. Aber heute geht es nicht, heute muss der 40-Jährige nach Berlin zu seinem Verleger.
Denn Matthias Friske ist nicht nur Pfarrer, er ist auch Autor. Im November hat der gebürtige Angermünder ein Buch über das Mosaik veröffentlicht, jene legendäre Comic-Reihe, die seit 1955 in der DDR erschien und in der die witzigen, knollennasigen Hauptfiguren Dig, Dag und Digedag mit Neugier und Chuzpe alle wichtigen Ereignisse der Weltgeschichte durchkreuzen. Friske, der in Schönwerder direkt neben der alten Feldsteinkirche wohnt, hat vorher schon ein paar Bücher geschrieben. Aber das waren archäologisch fundierte Untersuchungen zu Kirchengebäuden in Brandenburg.
Sich Friske als ein Kind vorzustellen, das Mosaik-Comics verschlingt, ist nicht schwer. Mit seiner vorwitzigen Nase und den zu lang geratenen Armen und Beinen erinnert der freundliche Mann ein bisschen an Ritter Runkel, den ungeschickten, liebenswerten Ritter aus der Mittelalterreihe des Mosaik. Jede neue Folge der Digedags erwartete er als Kind ungeduldig. Anders als viele Fans, die trotz einer Auflage von zwischenzeitlich 66 0000 Heften jeden Monat um ihr Mosaik bangen mussten, hatten Matthias und seine Brüder die Hefte sicher. »Mein Vater hatte ein Abo ergattert«, erzählt Friske mit einem verschmitzten Lächeln. »Das war Gold wert.«
In seinem Buch, das ursprünglich nur ein Vortrag für einen Gemeindenachmittag werden sollte, bohrt Matthias Friske unter anderem einer Frage nach: Warum wurden die Digedags 1975 plötzlich durch drei neue Figuren ersetzt, die »Abrafaxe«? »Das war ein fast traumatisches Erlebnis«, erinnert sich Friske. Der Junge war damals sieben »und es gab keine Erklärung.« Dass der Digedag-Erfinder Hannes Hegen 1975 die Mosaik-Redaktion verließ und die Rechte an den Figuren mitnahm, wurde erst später bekannt. Und über die genauen Umstände schweigt Hegen bis heute. Vielleicht ist es das, was den geschichtsbegeisterten Autor zu seinem neuen Buch verleitet hat – es gab ein Geheimnis zu erforschen.
Wäre Matthias Friske nicht in der DDR aufgewachsen, er hätte Geschichte studiert, um als Archäologe in alten Gemäuern nach den Spuren vergangener Zeiten zu stöbern. »Geschichte war immer mein Hauptinteresse«, sagt er entschieden. In Alt Landsberg bei Berlin ist Friske groß geworden. Diese Stadt mit ihrem mittelalterlichen Flair führte ihm ständig vor Augen, dass es mehr geben muss als die Gegenwart. »Aber in der DDR wäre es lächerlich gewesen, Geschichte zu studieren«, schimpft er. »Da hätte ich mir die Lügengeschichten über die SED anhören müssen« – So wie im Geschichtsunterricht, wo Figuren wie Alexander der Große nur als Fußnote vorkamen. Als wissbegieriger Schüler liebte Friske die Mosaik-Hefte um Alexander, weil der Eroberer exotische Länder entdeckte. Konzipiert als eine Art Anti-Comic mit Bildungsauftrag, stillte das Mosaik Friskes Hunger nach historischen Geschichten ohne kommunistische Verengung.
Dass Religion im Mosaik so gut wie keine Rolle spielte, findet der Pfarrer heute bedauerlich. Als Kind störte es ihn nicht. »Es war ja auch nichts dezidiert Antikirchliches in den Heften«, findet er. Und moralisch integer waren die Digedags sowieso.
Nach der Wende beschloss der damals 21-Jährige, das Geschichtsstudium nachzuholen. Wenn er heute zwischen Verwaltungsarbeit und Gemeindenachmittagen etwas Zeit übrig hat, zieht er mit einem Archäologen durch die Feldsteinkirchen der Uckermark und sucht nach Holzbalken aus der Erbauungszeit. »Das ist wie Puzzeln, da kann man was entdecken«, schwärmt er – und klingt wieder wie der Schuljunge, der mit den Digedags auf Entdeckungsreisen ging.
Ein feuriger Prediger ist Friske auf der Kanzel wohl nicht. Aber gerade das hält er in der ländlichen Uckermark für eine Tugend. »Ich war immer eher bodenständig und trotzdem gläubig«, sagt er. Matthias Friskes Vater war auch Pfarrer. Das Beten vor dem Essen und Schlafengehen, das Reden mit einem Gott, der sein Wesen in den prallen Geschichten des Alten Testaments und in den Erzählungen über Jesus offenbart, war für Matthias Friske immer selbstverständlich – so selbstverständlich wie die Lektüre der Mosaik-Hefte.
Sybille Marx in »Usedom Kurier« vom 27. Februar 2009

 

Comics mit Micky Maus oder Spiderman kennt das Ostkind nur aus Westpaketen, die dem Zoll entgingen. Auf Bildergeschichten musste der ostdeutsche Nachwuchs jedoch nicht verzichten. Statt Fix und Foxi konterte die DDR mit Dig, Dag und Digedag, später mit den Abrafaxen. In der eher trist zu nennenden Presselandschaft in Zeiten von Honecker und Co. bildete das von Hannes Hegen zwischen 1955 und 1975 gestaltete »Mosaik« eine bunte und bildungsreiche Ausnahme.
Das »Mosaik« streifte nahezu alle gängigen Comic-Genres, ob Piraten-, Detektiv-, Mittelalter-, Western- oder Science-Fiction-Geschichten. Auch in Sachen Neukreationen legten Hegen und sein Team vor, wie ihre Urzeit- und die Erfinderserie beweisen. Dass auch Hegen von Politik und Zensoren nicht verschont blieb, ist nicht verwunderlich. Die wechselvolle Geschichte zwischen Staat und Künstler und seinem populären Produkt hat Matthias Friske anhand zahlreicher Quellen näher beleuchtet. Ein locker verständliches Sachbuch mit etlichen Schwarz-Weiß-Abbildungen, das sich für Historiker wie Comicfreunde eignet.
star in: »Der Nord-Berlin« vom 19. Februar 2009

 

Vor Abrax, Brabax und Califax, den Abrafaxen, die 2001 Unter schwarzer Flagge ins Kino segelten, gab es Dig, Dag und Digedag, die Digedags. Ihre Abenteuer waren von 1955 an im Mosaik von Hannes Hegen mitzuerleben, bis das Trio im Juni 1975 aus Raum und Zeit entschwand und in eine Zeitschleife geriet, aus der es erst 1998 befreit werden konnte.
1955 im deutschen demokratischen Osten: Der Verlag Neues Leben bekommt vom Zentralrat der FDJ die Aufgabe zugewiesen, eine eigenständige sozialistische Antwort auf westliche Comics zu entwerfen. Hannes Hegen, einem Grafiker aus Böhmen, wird die Entwicklung der
»Bilderzeitschrift« anvertraut. Das erste Heft kommt am 23. Dezember desselben Jahres auf den Markt und trägt den Titel Mosaik von Hannes Hegen – Dig, Dag, Digedag auf der Jagd nach dem Golde.
Die farbigen, lustigen Abenteuer von Dig, Dag und Digedag hatten, so der Schriftsteller und Regisseur Clemens Füsers (Tote trinken keinen Karo),
»eine eindeutig wissenserweiternde und pädagogische Funktion, die auch für den linientreuesten Genossen nicht zu übersehen war. Die Digedags zogen durch die Welt und die Zeit, erkundeten Flora und Fauna, erklärten technische Errungenschaften und vermittelten Wissen über andere Länder und fremde Sitten.«
»Das Phänomen Mosaik von Hannes Hegen ist und bleibt erstaunlich und faszinierend zugleich«, schreibt Dr. Matthias Friske, Pfarrer in der Uckermark. Obwohl oder vielleicht gerade weil Hegens Mosaik sich betont unpolitisch gab, steht die Geschichte dieses Comics in einer recht deutlichen Wechselbeziehung mit der politischen Geschichte der DDR. Die Abenteuer der Digedags bieten einen regelrechten Spiegel der Ereignisse, die um sie beziehungsweise um Hegen herum stattfanden.
Matthias Friske (Mittelalterliche Kirchen im westlichen Fläming und Vorfläming) zeichnet in Die Geschichte des Mosaik von Hannes Hegen - Eine Comic-Legende in der DDR die Wechselwirkungen anhand der Quellen chronologisch nach und legt die Entstehungszusammenhänge offen.

Stefan Otto auf »kino-zeit.de – Das Portal für Film und Kino«

Über das »Mosaik« ist bereits viel Papier bedruckt worden: Teure Sammler-Reprints und bunte Bildbände gibt es ebenso wie umfangreiche Veröffentlichungslisten, literarische Fachanalysen und Doktor-Arbeiten. Dem Pfarrer Matthias Friske jedoch gebührt der Verdienst, endlich die ebenso einmalige wie spannende Geschichte des Heftes und seines Schöpfers Hannes Hegen im Büchlein »Die Geschichte des Mosaik - Eine Comic-Legende in der DDR« knackig und verständlich zusammengefasst zu haben.
Hegen war ein Phänomen in der DDR. Das »Mosaik« war das Ergebnis ebenso einmaliger wie oft seltsamer Prozesse hinter den Kulissen, die der Autor im vorliegenden Büchlein akribisch ausleuchtet. Dabei bemüht er sich sowohl um größtmögliche Objektiv als auch um den neugierigen Blick des Fans, den die vielen wissenschaftlichen Analysten bisher vermissen ließen. Er schafft dabei die unumgängliche politische Einordnung, übertreibt es aber auch nicht mit der Ausdeutung, wittert nicht hinter jedem Zufall die Staatsmacht. Herausgekommen ist dabei ein ebenso spannende wie kritische Geschichte, die aber die Realitäten des DDR-Alltags bestmöglich einbindet und damit viel Respekt erzeugt.
Tim Hofmann in: »Freie Presse« vom 30. Januar 2009

Von 1955 bis 1975 war das »Mosaik« von Hannes Hegen die beste deutsche Comic-Serie. Nun liegt das Gesamtwerk im erschwinglichen Nachdruck vor. Wer 1975 zehn war in der DDR, war für das Land verloren. Seine Leitbilder verschwanden. Aus dem Juniheft des »Mosaik« ritten die Digedags hinaus, aus Raum und Zeit. Aus Dimensionen, die für die drei Wichte ohnehin von keinerlei Bedeutung waren. Nach 223 Ausgaben in 20 Jahren stellte Hannes Hegen seine Arbeit ein und ging ins innere Exil. Die anschließende Nummer war ein Nachdruck aus dem Frühjahr 1964, darin hieß es: »Stellt euch vor, ihr hättet Schwingen wie ein Adler, und schwebtet über die blauen Wogen der Adria der Küste Italiens zu.« Die Eltern brauchten ein Jahr länger, um sich von der DDR endgültig zu verabschieden. Für sie beendete erst das erzwungene Exil Wolf Biermanns das gefühlte Tauwetter der frühen Siebziger. Das »Mosaik« war da bereits zur Heimat von Ersatzknirpsen verkommen, die seither als Abrafaxe durch die deutsche Comic-Landschaft irren.
Rückwirkend betrachtet war es gut so. Von einer »geheimnisvollen Aura« schwärmt Matthias Friske, der als Pfarrer in der Uckermark nun die Geschichte der Lektüre seiner Kindheit nachgezeichnet hat. Er sieht das »Mosaik« von Hannes Hegen 1975 auf dem künstlerischen Höhepunkt. Das Ende habe seinen 2,5 Millionen monatlichen Lesern (Auflage: 660 000) einiges erspart. Ein schleichendes Scheitern hätte die Ermüdungen der Redaktion zutage treten lassen. Lustige Abenteuer-Comics und die DDR waren ein Widerspruch in sich. Schon deshalb hatte Hegen sich die Rechte an seinen Figuren gesichert. Was den Umgang mit ihm nicht erleichterte: weder beim staatlichen Verlag noch für seine Beschäftigten. Warum der heute 83-jährige die Digedags vor 33 Jahren unvermittelt in die Wüste schickte, hat so viele ungeklärte Gründe, dass allein das Ende reicht für einen eigenen Mythos.
Mit dem Anfang, »Auf der Jagd nach dem Golde« vom 23. Dezember 1955, werden mittlerweile Tausender verdient. Es ist also ein großes Glück, dass nun der Nachdruck des Gesamtwerks abgeschlossen ist. Für jeden zugänglich, in 50 Bänden. Niemand, der den Mythos »Mosaik« ergründen will, muss noch riskieren, dass die alten Hefte aus dem Keller ihm dabei zerbröseln, oder dass er sich verschuldet. Eine einzige Gefahr besteht: Das matte Resümee: Es war nicht alles schlecht.
1955 war nicht alles schlecht. Der Stalinismus wurde zaghaft angezweifelt. Disneyland wurde in Kalifornien gegründet. »Neues Leben«, der Verlag der FDJ, beschloss, dem »Schund- und Schmutz« mit eigenen Comics zu begegnen. Hannes Hegen, bürgerlich: Johannes Hegenbarth und Grafiker aus Böhmen, wurde die Entwicklung einer »Bilderzeitschrift« anvertraut. Die erste Nummer führte die aus späterer Sicht noch übertrieben rübennasigen und ungelenk entworfenen Digedags als orientalische Märchenhelden ein. Von Anfang an ergriffen sie Figuren und Geschichten Formen an. Zwei Jahre vor dem Gallier Asterix reisten die Digedags durchs Reich der Römer.
Im Dezember 1958 ahnten selbst die unbefangensten Leser, welche Freiheiten die Künste in der DDR genossen: Im Ägypten der Antike landete eine Rakete - um die Digedags ins Weltall zu entfuhren und über die Gegenwart hinaus zu schießen. Auch im »Mosaik« sollte die Raumfahrt der Sowjetunion gewürdigt werden, während sich Hansrudi Wäscher mit dem Comic »Sputnik explodiert!« im Westen der Herausforderung stellte. Wäscher linderte die Kränkung. Hegen flog die Digedags im Kalten Krieg aus der Antike aus, um sie zu retten. Unlängst, 50 Jahre später, wurden beide Veteranen mit dem Max-und-Moritz-Preis geehrt. Hansrudi Wäschers Nick düst immer noch durchs All. Die Digedags sind 1962 heimgekehrt. Ins Mesozoikum, ins Mittelalter und ins Biedermeier.
Ohne detaillierte Kenntnisse vom Vorabend des Mauerbaus erscheint der Ausflug in die Science Fiction nicht nur überstürzt, sondern vor allem rätselhaft. Nicht nur weil sich auf dem Planeten Neos das »Großneonische Reich« und die »Republikanische Union« in unversöhnlichem Systemstreit gegenüber stehen. Saboteure und Agenten huschen durch die Bilder. Es gibt Bilder atomar verwüsteter Planeten und der daraufbrach liegende Börse. Aber wieso werden unablässig Baustellen von Staudämmen besucht? Weshalb werden die Energiegewinnung und das Flugwesen so eingehend betrachtet? Und warum träumt man im menschlicheren Teil von mehrstöckigen Autobahnen, Wohnfestungen und dem Luxus diensteifriger Liftboys? Dass die Handlung häufig unterbrochen wird von einem sprechenden Brikett, um die Funktionsweise des Baggers zu erläutern, wundert dann schon keinen mehr.
Und was soll jetzt so toll am alten »Mosaik« gewesen sein? Im Grunde alles, was sich gegen jedes andere ernst zu nehmende Comic-Heft verwenden ließe: Pädagogik, Humanismus, strenge Form, epische Breite. Hegen nannte seine Kunst gern »Bildroman«, den Comic für den kleinen Bildungsbürger. Allerdings wird Wissen hier nur dann im schmallippig-belehrenden Gestus des enttäuschten Bürgertums vermittelt, wenn es die Kulturwächter der DDR beruhigen soll. Als aufgebrachte Arbeiter in Lima eine Dampfmaschine stürmen, proklamiert ein Digedag auf brechtsche Weise: »Ihr dürft die Maschine nicht zerstören! Wenn sie euch gehört, wird sie euch nützlich sein!«
So plump bewegen sich die Digedags nur selten durch den Bildungskanon. Man schreckt regelrecht zusammen, wenn sie sich wie bei Homer von Schafen durch ein Stadttor schmuggeln lassen und Dig ohne Not posaunt: »Siehst du nun, wie nützlich klassische Bildung ist, Dag?« Denn früher oder später stößt man zwangloser auf Vorlagen wie Neuruppiner Bilderbögen, Opern und Gemälde. Auf antike Quellen und Altarbilder, Mark Twain, Karl May, Jules Verne und Wilhelm Hauff. Vom Zoll besorgte sich das Kollektiv beschlagnahmte Lektüre. Wie die futuristisch-volkstümliche Zeitschrift »Hobby« oder Wernher von Brauns »Start in den Weltraum«.
Die drei Digedags bewegen sich so selbstverständlich durchs barocke Dresden wie durch Hüttendörfer amerikanischer »Negersklaven«. An der Seite Simon Bolivars fühlen sie sich so wohl wie unter Industriebaronen in Berlin, bei Borsig oder Siemens. Dass streunende Hunde alttestamentarische Namen tragen, hat nichts weiter zu bedeuten, macht einen aber nicht dümmer. Hegen rekrutierte seine Mannschaft aus Kostüm- und Bühnenbildnern, Opernsängern, Ingenieuren und aus Zeichnern, die sich gern mit Skizzenblöcken ins Theater setzten oder in Sandalenfilme. Lässt sich einem Comic vorwerfen, dass ihn auch Eltern regelmäßig lasen? Seine wissenschaftliche Korrektheit, die nur einmal außer Kraft trat, als man Eisbären zu Pinguinen gesellte? Üppige Tableaus? Der zeitige Verzicht auf Sprechblasen zugunsten ausgefeilter Prosa oder wilhelmbuschartiger Reime?
Hartgesottene Comic-Kenner amüsieren sich über die tugendhaften Digedags, die allenfalls befreundet waren mit Frauen, Limonade tranken und sich um Benachteiligte kümmerten. Das Trio konnte in der DDR nicht anders. Sonst wäre sogar die DDR im »Mosaik« nicht vorgekommen. Weder Istanbuler Sultansspitzel noch der Chor der Schmeichler in Byzanz. Und ohnehin gilt heute ihr Gefahrte Ritter Runkel als beliebteste Figur des »Mosaik«. Ein Krautjunker, der auf den Spuren Marco Polos als versprengter Kreuzzügler zwar keinen Gral fand aber einen Goldschatz und den inneren Frieden: »Sind die Zeiten noch so trübe/ Hell strahlt vom Helm die Runkelrübe.« Der Berliner Leninplatz wurde von Aktivisten 1991 noch für eine Nacht bei Nebel umbenannt in Ritter-Runkel-Platz. Zum Abschied von DDR.
Michael Pilz in »Literarische Welt« vom 20. Dezember 2008, gekürzt auch in »Berliner Morgenpost« vom 2. Januar 2009

 

Kennen Sie Dig, Dag und Digedag? Die drei Kerlchen sind Hauptfiguren des Mosaik-Comics – damals sprach man noch von »Bilderzeitschrift« – von Hannes Hegen, die er zwischen 1966 und 1975 leitete. Wer entweder nach 1975 geboren wurde oder nicht in der DDR, dem muss man diese Wissenslücke also bitte nachsehen. Wer aber mehr über die Kobolde Dig, Dag und Digedag (diese Namen!) erfahren möchte, dem sei die lesenswerte Chronik »Die Geschichte des Mosaik von Hannes Hegen« von Matthias Friske empfohlen. Anhand von Interviews, Illustrationen und Fotos erzählt der Buchautor von der Entstehung des »Mosaik«. Von der Staatsführung intendiert als sozialistische Antwort auf westliche Comics, hatte der 29-jährige Grafiker Hannes Hegen doch anderes im Sinn: Handlungen zu erzählen, die ganz und gar nicht antikapitalistisch sind. So begaben sich die Digedags gleich in ihrem ersten Abenteuer auf die Jagd nach dem Golde«, wobei sie dem »raffgierigen Sultan Ali so manches Schnippchen schlagen«. Erst später müssen sich die Blattmacher Behördenvorgaben beugen, als sie mit »Entführung ins All« eine Ausgabe publizierten, in der die drei – in Anlehnung an den Start des sowjetischen Sputnik-Satelliten – zu Neos, einem sozialistischen Staat, aufbrechen, um dort Recht und Ordnung zu garantieren. Doch auf jeden Kompromiss ließen Hegen und sein Texter Lothar Dräger Konter folgen. Zum Beispiel, als sie die Nebenfigur Sinus-Tangentus zum Ingenieur eines Elektrizitätswerkes erhoben – zu Leitern von Fabriken in Sibirien verschoben die Sowjets in Ungnade gefallene Top-Genossen. Geschichten wie diese, von Friske aufmerksam zusammengestellt, zeigen auf, was Comics sein können: subtil und subversiv.
»tip« 1/2009

 

Der Mythos lebt. Die Bilderzeitschrift, von 1955 bis 1975 erfolgreich, erweiterte ganz nebenbei den historischen und kulturellen Hintergrund der Fans: eine Spurensuche. Spannend.
»SUPERillu« vom 31. Dezember 2008

 

In der ansonsten eher tristen Presselandschaft der DDR funkelte von 1955 bis 1975 ein überraschend heller Stern: das »Mosaik von Hannes Hegen«. Die Abenteuer der Digedags bieten einen regelrechten Spiegel der Ereignisse, die um sie bzw. ihren Schöpfer herum geschahen. Dies anhand der Quellen nachzuzeichnen, den einen oder anderen Entstehungszusammenhang offenzulegen und dabei vielleicht auch eine Erklärung für die Herausbildung des Mythos’ um Hannes Hegens Werk und seiner Figuren zu finden, soll in diesem Büchlein versucht werden.
»Märkischer Sonntag« vom 14. Dezember 2008

 

In der ehemaligen DDR war wirklich nicht alles schlecht, wenn es manche mit der im Moment wieder aufgewärmten »Blockflöten-Diskussion« auch so sehen wollen. Es gab wertvolle Dinge, im Volksmund »Bückware« genannt, die überhaupt nichts mit Stasi, Systemfundamentierung und anderen schlimmen Sachen zu tun hatten. Dazu gehörte das »Mosaik«, das bis 1975 den Zusatz »von Hannes Hegen« aufwies und dessen Hauptpersonen, die »Digedags« so manches unpolitischen Abenteuer erlebten.
Der Autor hat in fleißiger Recherchearbeit die Geschichte des »Mosaiks« von der Geburt 1955 bis zur letzten Ausgabe 1975 aufgearbeitet. Dieses Buch ergänzt sehr gut die oft negative Darstellung der DDRHistorie.
»Dresdner Woche«, 3. Dezember 2008

 

Was das »Mosaik« war, muss man hierzulande kaum erklären: das erfolgreichste ostdeutsche Comic, 1955 begründet und bis 1975 gestaltet von Hannes Hegen. Der Kunsthistoriker und Theologe Matthias Friske legt nun die erste populäre Geschichte des Periodikums vor, das die Abenteuer von Dig, Dag und Digedag erzählte. Zuverlässig recherchiert und bestens informiert, bietet Friskes Buch, was von Hegens Arbeit heute zu wissen ist.
»Mitteldeutsche Zeitung« vom 29. November 2008