Sibylle Badstübner-Gröger (Hg.)
Schlösser, Herrenhäuser, Burgen und Gärten in Brandenburg

Mit dem Ziel der »Erhaltung architektonisch wertvoller Ensembles« gründeten engagierte Bürger, Kunsthistoriker, Architekten, Denkmalpfleger und Politiker aus Ost und West den Freundeskreis der Schlösser und Gärten der Mark Brandenburg. Birgit Lucas, die zu den Aktiven der ersten Stunde gehörte, skizziert die Gründungszeit. Sie schildert ihr Erstaunen über den erhaltenen Reichtum – trotz aller Verluste. Vor allem Besucher und Zugezogene aus dem Westen erkannten die Gefahr der Zerstörung durch nicht denkmalgerechte Modernisierung. Sibylle Badstübner-Gröger, die 1992 zum Freundeskreis kam und kurz darauf zur Vorsitzenden gewählt wurde, fächert in ihrem Beitrag das ganze Arbeitsspektrum der zwei Jahrzehnte auf, das Bauforschung initiiert, Nutzungskonzepte für das Gebäude erdenkt, Öffentlichkeitsarbeit vor Ort und für das Anliegen überhaupt entwickelt und erfindungsreich Finanzierungsquellen für Restaurierungsprojekte einschließlich deren Begleitung erschließt. Christine Herzog stellt die »grauen Hefte« vor, die inzwischen einen ganzen Kosmos bilden und organisatorisch, redaktionell und gestalterisch durch ihre Hände gingen. Volkmar Billeb, Fotograf der Reihe seit 1993, spricht über seine langjährige Arbeit und spart auch nicht die traurige Verwahrlosung und Zerstörung durch unklare Besitzverhältnisse vor allem in den 1990er Jahren aus. Die im Auftrag des Freundeskreises erstellten etwa 1500 Fotografien werden so zu wichtigen Geschichtszeugnissen. Das Beharren auf Schwarz- Weiß-Fotografie und die sachliche Art der Aufnahme sind zu einem optischen Markenzeichen des Freundeskreises geworden. Die Idee einer Wanderausstellung lag nahe. Über siebzig Ausstellungsorte hat diese Fotoausstellung inzwischen absolviert, fast immer eröffnet von der Vorsitzenden des Freundeskreises persönlich, transportiert und aufgebaut vom Fotografen. Von Anfang an gehörten Exkursionen zum Programm des Freundeskreises. Wollte man sie zusammenzählen, so käme man auf eine Anzahl von etwa tausend. Es ging bei jeder dieser Fahrten um die direkte Auseinandersetzung mit der Architektur, meist war der Anlass eine Publikation. Das schildert Marie Luise Rohde, seit 2002 zum Freundeskreis gehörig und eine der Exkursionsleiterinnen. Gisela Podewils berichtet kursorisch von Benefizkonzerten in der Berliner Staatsoper, im Schloss Rheinsberg und an vielen Orten im Land Brandenburg, fast einhundert sind es inzwischen.
Ergänzt wird diese im Ganzen knappe Darstellung der Aktivitäten durch einen Anhang, der in seiner lapidaren Kürze besonders beeindruckt: Die Liste der über 500 Mitglieder und Subskribenten, wirtschaftliche Grundlage vor allem für die Publikationsplanungen, die Liste der 120 grauen Hefte von über vierzig unterschiedlichen Autoren, die Liste der Künstler und Konzertorte. Wie schön, dass ein solches Engagement nun endlich gesammelt in einem reich illustrierten und doch noch handlichen Band nachzulesen ist. Zugleich wird deutlich, dass ein solch kontinuierliches Engagement über zwei Jahrzehnte ein gut vernetztes, breites und hartnäckigstes Engagement voraussetzt, das durch die Einbindung in die Deutsche Gesellschaft das Anliegen bis in politische Kreise zu bringen vermochte.
Der Band ist außerdem ein Blumenstrauß, für den ganz unterschiedliche Gratulanten mit ihren Beiträgen anlässlich des zwanzigjährigen Jubiläums des Freundeskreises ihre Ernte beisteuerten. Angenehm ist die fast durchgehend eingehaltene Kürze und die gute Lesbarkeit, die in einigen Beiträgen literarische Freuden bereithält. Peter Goralczyk, dessen Name leider in der Autorenübersicht fehlt – er war von 1987 bis 1990 Generalkonservator der DDR – eröffnet den Reigen mit einer hier in ihrer Differenziertheit wichtigen Darstellung zum Schicksal von Herrenhäusern in der Zeit der DDR. In seinem Beitrag wird auch, anders als in den in diesem Punkte zu kurz greifenden Darstellungen von Bernhard von Barsewisch und Karl Feldmeyer, die Vertreibung der Großgrundbesitzer in Reaktion auf deutsche Kriegsschuld und die Bodenreform in Reaktion auf die wirtschaftliche Notwendigkeit der Zeit geschildert. Mit Uwe Koch, Thomas Drachenberg (inzwischen Brandenburgs Landeskonservator) und Hartmut Dorgerloh beschreiben Denkmalpfleger das zähe und ideenreiche Ringen um jedes Schloss, darunter auch einige der Hohenzollern, die heute wie selbstverständlich zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gehören.
Farbtupfer sind die monographisch angelegten Beiträge etwa über Groß Pankow und Wolfshagen von Bernhard von Barsewisch, über Kossenblatt von Günter de Bruyn, über Sauen von Goerd Peschken, den Park in Senzke von Michael Seiler und über Britz, Neu-Kladow und Tegel von Klaus-Henning von Krosigk. Nicht nur in Brandenburg oder im Ostteil Berlins, auch in Britz, Neu-Kladow und Tegel haben jahrzehntelange Bemühungen zu kleinen und großen Erfolgen geführt. Wer noch weiß, wie Neu-Kladow in den 1990er Jahren aussah, wird dies, auch wenn er in diesem Sommer im Gutshaus keinen stärkenden Kaffee mehr bekommt, das Wiederhergestellte würdigen. Noch vielfarbiger wird es da, wo die Beiträge das eigentliche Feld der Schlossarchitektur und ihrer Nutzung und Erhaltung verlassen. Christian Nülken stellt den sparsamen Sinn von Cornelis Ryckwart bei seinen Bauten in Oranienbaum, Sonnenburg oder Wildenbruch heraus. Dieser so wichtige Baumeister des Großen Kurfürsten hätte schon längst eine monographische Arbeit verdient, grundlegend ist noch immer Kempens Aufsatz von 1924. Dirk Schumann stellt seine Beobachtungen zu Baupraxis und Baugeschichte an den Residenzen der Bischöfe von Brandenburg, Havelberg und Lebus vor. Durch ihn und auch den Beitrag von Thorsten Foelsch wird der Blick auf Herrschaftsarchitektur überhaupt und den Wandel von der Burg zum Schloss gelenkt. Für die Überlieferung des Lebens in den Gutswirtschaften sind die Gutsarchive oder Teile davon, die bereits seit den 1920er Jahren gerettet werden konnten, eine wichtige Quelle. Auf den Bestand im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz weisen Mathis und Stefanie Leibetseder hin, der Hinweis auf den ungleich umfangreicheren Bestand im Brandenburgischen Landeshauptarchiv ist allerdings nur über das Literaturverzeichnis möglich. Ebenso auf das Leben hinter den Schlossfassaden zielt Helmut Börsch-Supan mit seinem Beitrag. Er hat Theodor Fontanes Wanderungen auf Hinweise auf bewegliches Kunstgut gelesen und konnte in einzelnen Fällen wie dem Woellner-Porträt aus Groß Rietz oder zwei Bildnissen aus Neuhardenberg fündig werden. Auf diesem schwierigen Gebiet ist seit Berckenhagen nicht mehr systematisch gearbeitet worden, wichtig wäre es seiner Meinung nach, Fontanes Beschreibungen systematischer auszuwerten, den Kunstmarkt genau zu beobachten und dadurch noch das eine oder andere Werk zu sichern. Ergänzt sei, dass auch das verstreut in Museen des Landes und vor allem in der Schlösserstiftung aufbewahrte Schlossbergungsgut zu edieren wäre. In den meisten Publikationen und auch im Dehio finden sich solche Hinweise nur sporadisch. Markus Jager schildert die Phasen der Bildung, der Verbürgerlichung und der Zerstörung von Gutskomplexen im heutigen Stadtgebiet Berlins beispielsweise bereits durch Bau- und Grundstückspekulanten seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Neue Funktionen bedingen eben andere Formen. Inkonsequent ist es dann jedoch, den Umbau der Gutsökonomie von Britz zum Opern- und Museumsstandort zu bedauern, insofern dem Gut ohne Land ja die wirtschaftliche Grundlage fehlt. Auch Thorsten Foelsch legt seine Darstellung von den Burgen des Mittelalters bis zu den bürgerlichen Villen des 19. und 20. Jahrhunderts in der Prignitz historisch an, schildert aber eher die Erhaltungsbemühungen. Auch er sieht den Verfall von Gutsanlagen nicht nur in der DDR, sondern noch in der Gegenwart im Zusammenhang mit dem Verfall von Bauernhöfen und der Entleerung der Dörfer überhaupt (S. 180). Das macht deutlich, wie die Zukunft von unserer Art der Landnutzung bestimmt wird und Biogas- und Windkraftanlagen mit überdimensionierten Transportwegen, Kurztriebsplantagen oder Leitplankensysteme für die Erhaltung von Guts- und Dorfanlagen keinen Beitrag, sondern eher den Todesstoß bedeuten können.
Viel zu schnell wird das Erreichte für selbstverständlich hingenommen, wird Ehrenamt bezahlter Arbeit eingefügt. Insofern ist die Festschrift des Freundeskreises Schlösser und Gärten der Mark ein notwendiger Band. Die Grußworte und Glückwünsche von Politik und Fachkollegen deuten darauf, dass diese Botschaft verstanden wird. Nur eines wäre dem Buch zu wünschen gewesen: Ein markanterer Titel, der auf Geschichte, Verfall und Rettung von Herrenhäusern in Berlin und Brandenburg zielt. Dem Freundeskreis Schlösser und Gärten der Mark sei zum Jubiläum und zu diesem Band herzlich gratuliert und für seine fortgesetzte Arbeit größter Erfolg gewünscht!
Iris Berndt, in: Jahrbuch für  brandenburgische Landesgeschichte, Band 63 (2012)

 

Sei es Goerd Peschkens einfühlsame und überaus informative, architektonisch-stilistische Betrachtung des Gutshauses in Sauen, die bildreiche Dokumentation des Gutsparks in Senzke am Rande des Havelländischen Luchs von Michael Seiler oder Günter de Bruyns Beitrag, der mit Schloss Kossenblatt nicht eben ein Juwel der märkischen Schlösserlandschaft ausgewählt hat, aber umso angeregter über Schlossherren und besonders böse Schlossdamen plaudert – die Artikel dieses Bandes laden auch gestandene Liebhaber der Mark zu neuen Erkundungen und Entdeckungen ein.
In insgesamt sechzehn, mit historischem und aktuellem Bildmaterial ausgestatteten Aufsätzen gehen die Verfasser des Werkes dem Schicksal von mittelalterlichen Residenzen, Burgen, Schlössern, Guts- und Herrenhäusern und ihren Gartenanlagen in Brandenburg und Berlin nach.
Den vollständigen Artikel lesen…
Axel Klappoth, auf:
www.berlin-hidden-places.de

 

In 16 Aufsätzen wird das Schick­sal der brandenburgischen Schlösser und Gärten wäh­rend der DDR-Zeit erörtert. Es werden nutzungsgeschichtli­che und denkmalpflegerische Fragen gestellt sowie Erfolge der Wiederherstellungen doku­mentiert.
Dr. Wolfram Hennies, in: Prignitzer Heimat, Heft 51, 2012