Freitag, 28. Oktober 2016

Carola Neher 1900-1942

Ausstellungseröffnung und Buchvorstellung

Uhrzeit: 20:00 Uhr

Literaturhaus Berlin
Fasanenstraße 23
10719 Berlin

W: www.literaturhaus-berlin.de/veranstaltung/687-carola-neher-1900-1942-schauspielerin-2.html

Carola Neher

Carola Neher

gefeiert auf der Bühne, gestorben im Gulag

Die für Brecht so erfolgreiche Premiere der »Dreigroschenoper« fand am 31.8.1928 zwar ohne Carola Neher statt - ihr Ehemann, der Dichter Klabund, war kurz zuvor gestorben. Doch bei der Wiederaufnahme des Stücks 1929 und in G.W. Pabsts Verfilmung war Carola Neher mit der Rolle der Polly auf dem Zenit ihrer Karriere.

1900 in München geboren, hatte sie bereits 1922 kleine Auftritte an den dortigen Kammerspielen, wo damals Brecht als Dramaturg arbeitete. Nach Stationen in der Provinz brachten vor allem die ganz auf sie zugeschnittenen Stücke Klabunds rasch den Durchbruch: An der Seite der berühmtesten Schauspieler trat die Neher, von der Kritik bejubelt, ab 1926 an allen wichtigen Bühnen Berlins auf. Von Georg Kaiser, Bronnen, Feuchtwanger, Wedekind, Benn, Heinrich Mann, Arnold Zweig, Hasenclever … verehrt, waren es dann vor allem Brecht (1929 »Happy End«, 1932 Hörstück »Die heilige Johanna der Schlachthöfe«) und der Musiker Hermann Scherchen, die Carola Nehers politische Urteilskraft beeinflußten.

Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten endete Carola Nehers künstlerischer Erfolg abrupt. Im Sommer 1933 mit ihrem neuen Ehepartner, dem Kommunisten Anatol Becker, nach Moskau emigriert, wurde ihr im November 1934 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Kurz darauf zogen die Stalinistischen »Säuberungen« sie in den Abgrund: Ihr Urteil vom Juli 1937 lautete auf 10 Jahre Haft, Anatol Becker wurde erschossen. An Typhus erkrankt, starb Carola Neher am 26.6.1942 im Gefängnis von Sol-Ilezk (Grenze zu Kasachstan).

Ende 2013 wurde auf Anregung von MEMORIAL Deutschland in ihrer Geburtsstadt München eine Straße nach Carola Neher benannt, in diesem Zusammenhang entstand die Ausstellung. Georg Becker, Carola Nehers und Anatol Beckers 1934 geborener Sohn, der seit 1975 in Augsburg lebt, hat jahrzehntelang ein umfangreiches Archiv zusammengetragen, das hier erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird und das Schicksal Carola Nehers vor dem Hintergrund der Zeitgeschichte vergegenwärtigt. 

Zur Eröffnung begrüßen Lutz Dittrich und Bettina Nir-Vered (MEMORIAL Deutschland, München); Petra Kraus (Deutsches Theatermuseum) und Micha Neher (Neffe Carola Nehers) führen in die von ihnen realisierte Ausstellung ein. Anschließend präsentieren Studenten der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« Berlin einen kurzen Ausschnitt ihres Carola Neher-Programms »Kalte Füße, heißes Herz« (Konzept/Einstudierung Ines Geipel), das am 5.11.2016 aufgeführt wird. 

Anläßlich der Ausstellung findet im Herbst auch im Berliner Ensemble eine Lesung statt: www.berliner-ensemble.de

Ausstellungsführungen: So., 13. und 27.11. (Lutz Dittrich) sowie 11.12. (Micha Neher), jeweils ab 11.30 Uhr